Mobiles PLM im Trockendock
Mit seiner neuen PRO.FILE-App des PROCAD-Partners 3mobility solutions GmbH digitalisiert der Hamburger Schiffsruder-Hersteller seine Arbeitsprozesse im Qualitätsmanagement.
Die Becker Marine Systems GmbH, weltweit führender Anbieter von Hochleistungsrudern im maritimen Bereich mit Hauptsitz in Hamburg, ist PRO.FILE-Anwender der ersten Stunde. Gestartet ist das Unternehmen mit PROCAD 2D. PRO.FILE wurde anfangs eingesetzt für die reine CAD-Datenverwaltung aus Solid Works, nun hat sich der Fokus der Software im Laufe der Jahre immer stärker geweitet, bis zur heutigen Nutzung als vollwertiges PLM für die Steuerung produktbezogener Informationsflüsse über den Product Lifecycle. Auch E-CAD-Daten finden über das neue Geschäftsfeld „Batterietechnologie im maritimen Umfeld“ verstärkt Eingang in die Datenbasis des PLM-Systems. Als DMStec eingesetzt, bildet PRO.FILE zudem die gesamte Angebotsphase ab. Umfangreiche Berechnungen zu Größe, Design, Winkel etc. eines Ruders werden in Excel vorgenommen und die Ergebnisse ins PLM-System überspielt. Dies ist die Grundlage für die Konstruktion, die dann festlegt, welches Material benötigt wird; der kaufmännische Prozess kann angestoßen werden.
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Beratung anfordernWir haben zwei führende Systeme“, erklärt Sven Hendrik Vorwerk, Head of IT der Becker Marine Systems GmbH: „In unserem ERP-System Dynamics NAV verwalten wir Vorgänge nach dem Auftrag, PRO.FILE beinhaltet alle Informationen bis zur Auftragsbestätigung. Dort werden auch die Stammdaten geführt und automatisiert nach NAV übertragen.“ Alle Abteilungen arbeiten mit der PLM-Software, die mittlerweile flächendeckend im Unternehmen ausgerollt ist. Sie ist auch mit dem Projektplanungstool verbunden und tauscht mit den angebundenen Systemen multidirektional Informationen aus.
Tim Eggers ist PRO.FILE-Administrator in dem Hamburger Traditionsunternehmen. „PRO.FILE ist das Data Backbone unseres Unternehmens und bündelt alle produktbezogenen Informationen“, erläutert er. Von Beginn an hat der Application Manager die Möglichkeit der einfachen Konfigurierung als eine der wesentlichen Vorteile des PLM-Systems schätzen gelernt. „Man kann Masken, Felder und Referenzlisten selbst anhand der eigenen Bedürfnisse erstellen, komplett ohne Unterstützung seitens des Herstellers oder eines Partners.“ Derzeit bereitet das Unternehmen die automatisierte Rechnungseingangsbearbeitung mit PRO.FILE vor. Dadurch können kaufmännische Angestellte diesen Prozess vom Home-Office aus unterbrechungsfrei so weiterführen, als säßen sie im Büro.
Dass der PROCAD-Partner 3mobility solutions GmbH sich mit der Entwicklung und Bereitstellung von PLM-Funktionen per App beschäftigt, ließ im Jahr 2018 die Abteilung Qualitätsmanagement des Unternehmens aufhorchen. Denn Becker Marine Systems arbeitet in erster Linie wie ein Ingenieurbüro: Das Unternehmen tritt zwar als Hersteller auf, lagert die physische Herstellung, das Zusammenschweißen seiner Ruder und Energiesparsysteme aber an externe Fertiger rund um den Globus aus. Nach Südkorea und China ebenso wie nach Spanien, Slowenien, oder Deutschland. Diese Fertiger liefern die Produkte dann an die Werft zum Endkunden, wo sie an die Schiffe montiert werden.
„Wir sind strengen internationalen Qualitätsstandards unterworfen und müssen deren Einhaltung permanent überprüfen“, so Sven Hendrik Vorwerk. In regelmäßigen Vor-Ort-Terminen führen Fachkräfte der Becker-Außenbüros bei den Fertigern daher Abnahmen auf unterschiedlichen Produktionsstufen durch. Sie haken dabei umfangreiche Checklisten ab, und zwar bislang ausschließlich in Papierform. Die ausgefüllte Checkliste wurde anschließend wieder eingescannt und nach Hamburg geschickt, wo die Dokumente manuell in PRO.FILE eingepflegt wurden. Gleichzeitig erhielt die Disposition in der Zentrale eine E-Mail mit dem Hinweis „Check erfolgreich absolviert“. Es dauerte also immer eine Weile, bis aus dem PLM-System heraus der nächste Produktionsschritt gestartet werden konnte.
Der Wunsch des Qualitätsmanagements: Diese Checklisten sollten künftig direkt im Tablet abgehakt werden können. 3mobility solutions GmbH konfigurierte für das Ingenieurbüro daraufhin eine App mit verschiedenen Checklisten-Dokumenttypen. Sie dienen als Vorlage und Suchkriterium zugleich und können innerhalb von PRO.FILE nach Belieben ergänzt oder es können vorhandene Felder entfernt werden. Das bisherige Papierformular hat die 3mobility solutions adaptiert und in der App elektronisch abgebildet. „Ein PDF auf dem Tablet auszufüllen, hätte bedeutet, nur die eine Eingabeart – Papier – durch eine andere – digital – zu ersetzen“, sagt Sven Vorwerk. „Wir wollten aber einen Mehrwert schaffen und an die Metadaten herankommen.“
Deshalb werden in der Checkliste in Hunderten von Unterpunkten Fertigungsdetails aus dem PLM sichtbar gemacht. Nachdem der Prüfer die einzelnen Kästchen abgehakt hat, überträgt die App die ausgefüllten Checkdaten mitsamt der vor Ort erstellten Fotos zurück in die PLM-Plattform. Dadurch hat die Qualitätssicherung in Hamburg sofort einen Kenntnisstand über den Fortgang der Arbeiten. Und, ebenso wichtig: Das Unternehmen kann bei Vorliegen einer ausreichenden Zahl von Berichten wichtige Trends ablesen und proaktiv eingreifen. Etwa „Bei Fertiger A gibt es bei Schweißnähten an Produktionsstufe xy immer wieder Probleme.“
Tim Eggers: „Entscheidender Vorteil bei der Lösung von 3mobility solutions GmbH war für uns die Offline-Funktionalität. Denn in der Fabrikhalle oder im Dock gibt es nicht immer Internetzugang. Der Prüfer kann die Checkliste daher zuvor aus PRO.FILE auschecken, ausfüllen und abends im Hotel wieder mit dem PLM-System synchronisieren.“
Ob on- oder offline: Alle Echtdaten der Prüfung liegen durch die App-Nutzung nach kürzester Zeit im PLM-System vor. So kann der Prozess schneller weitergeführt werden, da es keine Medienbrüche und Wartezeiten mehr gibt. In einer weiteren Stufe soll das PLM seine Statusinformation („Herstellung ist erledigt/abgenommen“) zusätzlich an NAV übertragen. So weiß die Disposition sofort, dass sie den Transportauftrag stellen kann und muss nicht mehr warten, bis sie der externe Qualitätsmanager darüber per E-Mail informiert.
Eine Checkliste wäre keine Checkliste, wenn nicht zumeist auch irgendwelche Mängel darauf verzeichnet würden. Bislang mussten die Prüfer erst die nachzuarbeitenden Punkte aus der internen Checkliste manuell in eine neue Liste übertragen und diese dann dem Fertiger übermitteln. Künftig können Sie sie automatisiert in den sogenannten Korrekturzettel – bei Becker „Rectification Sheet“ – exportieren lassen. Dieses PDF erhält der Fertiger noch an Ort und Stelle per E-Mail. „Für unsere Prüferinnen und Prüfer vor Ort ist dies eine enorme Arbeitserleichterung“ erklärt Sven Hendrik Vorwerk, „es hat die Akzeptanz der App massiv befördert.“
Nach dem Probeeinsatz der App auf drei Tabletts in China, Südkorea und Deutschland sollen rasch alle 20 für das Qualitätsmanagement eingesetzten mobilen Geräte derart ausgerüstet werden. „Es ist abzusehen, dass der Einsatz der App uns einen großen Vorteil in der Abwicklung technischer Prozesse bringt“ so Henning Kuhlmann, Geschäftsführer bei Becker „wir prüfen gerade ob sich das System auch auf andere Abteilungen ausweiten lässt, z.B. im Sales, oder unserem Bereich Service&Conversion, wo komplexe Reparaturen und Umbauten organisiert werden“. Auch dort wird mit Checklisten gearbeitet. Der Vertrieb wiederum könnte mit einer mobilen App noch von unterwegs Besuchsberichte erstellen – externe Vertriebsaktivitäten nach Corona vorausgesetzt. So bringt Becker Marine Systems mit PLM per konfigurierbarer App die Digitalisierung im Unternehmen voran. Und die Qualitätsmanagement-App wird sicher nicht die letzte ihrer Art gewesen sein.
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